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Digitale Souveränität

Anja Schaar-Goldapp • Feb. 24, 2020

 Digitale Souveränität für eine sichere Zukunft im Cyber-Zeitalter


Zu einem Fachgespräch über Dig itale Souveränität konnte ich führende deutsche Digitalpolitiker und Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Forschung am 11.02.2020 im Fraunhofer-Forum in Berlin als Gäste begrüßen. Wir diskutierten dort im GI-Wirtschaftsbeirat das Thema: „Wie kann Digitale Souveränität innerhalb globaler Ökosysteme aufrechterhalten werden, ohne an Vernetzungsgrad zu verlieren?" und "Wie kann der Wirtschaftsstandort Europa besser seinen eigenen Weg vor dem Hintergrund eines starken Wettbewerbs aus Asien und den USA finden?"

Digitale Souveränität - Was gehört dazu?

Thomas Bendig, Fraunhofer IUK-Verbund, und Luise Kranich, FZI Forschungszentrum Informatik, brachten in ihren Impulsen Struktur in die Fragen, was Digitale Souveränität eigentlich beinhaltet. Thomas Bendig adressierte in seinem Impuls die Digitale Souveränität im Kontext plattformbasierter Ökosysteme und deren Regulierung. Luise Kranich erläuterte, dass digitale Souveränität eine Vielzahl unterschiedlicher Technologiefelder betrifft, von der Hardware und den Netzwerkkomponenten über die Betriebssysteme hin zu Applikationen wie Clouds. Darüber hinaus ist entscheidend, souverän im Cyber-Zeitalter bleiben zu können.
Foto: Anja Schaar-Goldapp, Daniel Krupka | Foto: Gesellschaft für Informatik e.V.
Impulsvortrag für die Wirtschaft von Achim Heidebrecht

Den Impulsvortrag für die Wirtschaft hielt Achim Heidebrecht, CTO beim Nürnberger Softwarehaus für die Versicherungswirtschaft NOVUM GmbH und früherer Head of Group IT der Talanx AG. Achim Heidebrecht berichtete sehr anschaulich von erfolgreichen Projekten mit den großen Hyperscalern unter strengster Beachtung von Compliance-Regeln. In GAIA-X vom BMWi lägen jedoch gute Chancen für das einfachere Bauen von digitalen Geschäftsmodellen, wenn der Compliance-konformen Umgang mit Daten klar unterstützt wird. Eine europäische Eigenentwicklung von Hyperscalern hält er in der arbeitsteiligen Welt jetzt nicht für sinnvoll.

Die digitalpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen und Marco Alexander Breit aus dem BMWi

Zu den Fragen, welchen Beitrag GAIA-X, KI, Verschlüsselung oder die Vergabekriterien beim 5G-Infrastrukturausbau für die Digitale Souveränität leisten, folgten Impulsreferate. Marco-Alexander Breit, Leiter „Stabsstelle Künstliche Intelligenz“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und verantwortlich für GAIA-X sowie die digitalpolitischen Sprecher aus drei Bundestagsfraktionen: Manuel Höferlin (FDP), Tankred Schipanski (CDU) und Dr. Jens Zimmermann (SPD) referierten anschließend über Ihre Prioritäten für das Erreichen dieser digitalen Souveränität. Dabei wurde die Vielschichtigkeit dieses für die wirtschaftliche Zukunft Europas entscheidenden Themas deutlich.

Lob gab es für das Bundeswirtschaftsministerium für die Initiative GAIA-X, weil viele Player aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik hier endlich den Rahmen finden, die Themen Digitalisierung, Daten und die damit verbundene Wertschöpfung gemeinsam zu diskutieren und praktikable Ableitungen umzusetzen. Damit findet der Wirtschaftsstandort Europa besser seinen eigenen Weg vor dem Hintergrund eines starken Wettbewerbs aus Asien und den USA. Weitere Wirtschaftsunternehmen seien in dieser Initiative willkommen. Sie sollten sich aber bewusst sein über den großen noch zu leistenden Arbeitsaufwand und offene Fragen, berichtete Marco Alexander Breit. Er zeigte sich sehr erfreut über die positive Resonanz zu GAIA-X in der neuen EU-Kommission und den Integrationswillen, der gezeigt wird.

Potential des Edge-Computing

Wir diskutieren anschaulich über die Nutzung des riesen Potentials des Edge-Computing, das auch von der EU Kommission adressiert wird. Da die gigantischen Mengen an IoT-Daten von Sensoren und Aktoren nicht komplett in die Cloud übertragen werden um Zeit und Kosten zu sparen, werden sie zunehmend vor Ort mit KI-Methoden ausgewertet. Wertschöpfung durch Edge-Computing ist auch in GAIA-X ein wichtiges Feld. 

5G-Infrastruktur - wer darf liefern?

In der anschließenden angeregten Gesprächsrunde zeigte sich bei den Digitalpolitikern große Einigkeit bei der Frage der Zulassung von Anbietern für den Ausbau der 5G-Infrastruktur. Es müsse einen klar definierten Sicherheitskatalog geben, der von den Anbietern nachprüfbar erfüllt werden soll. Den Ausschluss einzelner Anbieter lehnten alle Parlamentarier ab, allerdings spiele das Rechtsstaatsprinzip in den Herkunftsländern eine Rolle. 
 Foto von links: Manuel Höferlin (Digitalpolitischen Sprecher der FDP), Dr. Jens Zimmermann (Digitalpolitischen Sprecher der SPD), Tankred Schipanski (Digitalpolitischen Sprecher der CDU/CSU), Anja Schaar-Goldapp | Foto: Gesellschaft für Informatik e.V.
Foto: Marco-Alexander Breit, Leiter „Stabsstelle Künstliche Intelligenz“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) | Foto: Gesellschaft für Informatik e.V.
Verschlüsselung als Erfolgsfaktor für Souveränität

Ein weiterer Schwerpunkt lag im Thema Verschlüsselung, einem aktuellen Thema der Politik. Einig sind sich die Digitalpolitiker darin, dass konsequente Verschlüsselung wichtig für die Wirtschaft ist, weil sie das Vertrauen in die IT-Infrastruktur stärkt und hilft, IP zu sichern. Allerdings gebe es unter anderem im Inneren Herausforderungen, die eine Entschlüsselung von Inhalten erforderlich machen, um Strafverfolgung zu ermöglichen und Gesetze einzuhalten. Daraus resultierten noch langwierige Abstimmungen für eine gesetzliche Regelung.

Digitale Bildung in den Bundesländern schnell aufzubauen

Große Einigkeit herrschte darin, dass digitale Bildung in den Bundesländern auf ein viel höheres Niveau gehoben werden müsse und das föderale System hier nicht schnell genug adaptiert. Dabei ginge es darum, Algorithmen, Künstliche Intelligenz und das Verständnis für digitale Geschäftsmodelle den Schülerinnen und Schülern nahe zu bringen. Nur das Verständnis dieser sich rasant entwickelnden Cyberwelt sichere nachhaltig die digitale Souveränität unseres Landes und der Bürger, somit auch den wirtschaftlichen Erfolg.

KI und Cloud-Anforderungen

Diskussionsteilnehmerin Dr. Tina Klüwer, Mitglied der Enquete-Kommission des Bundestages für Künstliche Intelligenz, unterstrich die Relevanz von Start-up-Innovation als Schlüssel für eine Digitale Standortssouveränität und der Bedeutung des Softwarelayers beispielsweise bei GAIA-X, um auf die Daten für die KI-Verfahren einfach und kostengünstig zugreifen zu können und die Abhängigkeit von den Hyperscalern abzubauen.
Achim Heidebrecht: "Die Cloud ist der größte Game-Changer" | Foto: Gesellschaft für Informatik e.V.

Fazit: Die Cloud ist der größte Game-Changer

In der Fishbowl-Diskussion wurde abschließend sehr kontrovers über Risiken der Abhängigkeit von einzelnen monopolartigen Hyperscalern gesprochen, jedoch auch über die Vorteile einer ausgereiften Cloud für die schnelle Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen unter Verwendung von KI. Die Bedeutung der Cloud-Technologien als Game-Changer wurde dabei sehr deutlich. Dadurch würde die Software-Entwicklung industrialisiert, die Wertschöpfung massiv verändert und damit auch für die in der Informatik Tätigen schnell bedeutsame Änderungen bewirkt.

Das nächste Fachgespräch des Wirtschaftsbeirats der Gesellschaft für Informatik veranstalte ich am 1. Oktober 2020 mit dem Schwerpunkt „Digitale Ethik in der KI und Corporate Digital Responsibility".
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